Industriekunde

Industriekunde


Was ist das denn, Industriekunde? Für mich eine Begegnung mit der Vergänglichkeit von Produktionsverhältnissen und Produktions-prozessen, die uns überall begegnen. In der Stadt, in der Provinz, auf dem Land, in der letzten kleinen Ecke. „Produktive Zerstörung“ ist eine Leitidee kapitalistischer Entwicklung und sie findet täglich statt. So kann ein alter Schlachthof in Ziegel-Architektur in Berlin seine Funktion verlieren und als einmal architektur-avantgardistisches Gebäude vor sich hingammeln. Die harte Arbeit darin ist sowieso nicht mehr sichtbar. Und nicht jedes interessante Gebäude kann gerettet und einer Nutzung zugeführt werden. Das Neue braucht ja auch seinen Platz, keine Frage.


Mittlerweile gibt es die  „Tage des Industriedenkmals“. Wir können die Zeche und das Bergwerk soundso besichtigen, Industrie- und Technik-Museen und finden dabei außerordentliche „Industrie-Kathedralen“ vor. Etliche von ihnen sind heute „bespielbar“ und daran gibt es wenig auszusetzen. Aber in der Summe – und das gilt besonders für die östlichen Bundesländer – gehen die meisten Überreste ehemaliger Produktions- anlagen den Weg alles Irdischen. Auch das muss man im Allgemeinen nicht bedauern, wenn man um die beschissenen Arbeits-bedingungen in ihnen weiß, und doch berührt mich immer etwas, wenn ich in alten Industrieanlagen unterwegs bin.


Vielleicht ist es das Produzenten-Gen, welches sein Bewusstsein schärft im Angesicht von verblichenen Produktionsanlagen. Ist das eine überflüssige Nostalgie? Das ist möglich. Aber an einem altindustriellen Gedächtnis im unscheinbar Kleinen macht meine Aufmerksamkeit immer wieder halt. Und das hat natürlich mit einer enormen altindustriellen Ästhetik zu tun. Ein Laptop, so lieb er mir ist, kann sie nicht einlösen. Ich sehe ständig die handwerklichen Tätigkeiten und Fertigkeiten der ProduzentInnen vor mir, wenn ich altindustrielle Strukturen aufzeichne..

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